Alles Walze!
Samstag, 4.März, Macheiras Mountains, Zypern: Bumm. Es machte einfach nur bumm. In der Flugphase dachte ich mir „.was ist denn jetzt los?“ und wusste schon, dass es sehr wehtun würde. Dann der Aufprall: steiniger, felsiger, zypriotischer Singletrail. Ein Krachen- „..bitte keine Knochen!“. Benommen lag ich am Boden, meinen in mehre Stücke zerbrochenen Helm in den Händen, das Blut floss überall nur so runter, jedoch unter Stöhnen und mit schmerzverzerrter Visage stellte ich fest, dass ich alles noch bewegen konnte. Trotzdem hatte ich irgendwie die Vermutung, dass mich der zweite Renntag des Afxentia Stageraces für längere Zeit außer Gefecht setzen würde…
Das gute an Stürzen ist, dass sie Respekt schaffen- man bemerkt in solchen Situationen als Profisportler erst wieder so richtig, wie schnell der Spaß vorbei sein kann.
Nachdem ich am 7. März- nach Flugumbuchung, vier Tage vor meiner geplanten Heimreise- den Kälteschock von der Sonneninsel mit bereits über 20° ins tief winterliche Wien überstanden hatte, hieß es erst einmal, mir eine genaue Diagnose von Olympiaarzt Dr. Alfred Engel zu verschaffen. In anderen Worten: fast zwei Tage im wunderschönen SMZ-Ost, nach MRT Untersuchung dann Entwarnung- „nur“ ein riesengroßer Bluterguss im linken Becken-/Hüftbeugebereich, Bonebruises am Beckenknochen plus natürlich Rissquetschwunden- teilweise mit Nähten- sowie Prellungen am ganzen Körper, die jede Bewegung zur Qual machten. Empfehlung: no sports und Ruhe geben, also genau das, was ich am wenigsten mag.
Nach fast einer Woche absoluter Trainingspause, in der ich jedoch mehrere „Mobigym“ Bewegungstherapien unter Anleitung der beiden Physiotherapeuten Freddy Siemes und Ernesto Moser absolvierte sowie mich lymphdrainieren und massieren ließ, wagte ich den Wiedereinstieg ins Training, oder genauer gesagt, den in die Vorbereitung auf den ersten Worldcup der noch frischen Mountainbikesaison.
Die Location dessen hört sich ja viel versprechend an: Curacao, niederländische Antillen, Karibik. „Wow, supa, is ja ur geil, ich beneid dich!“…bekommt man von den meisten Leuten zu hören, wenn man ihnen davon erzählt. Sicherlich bevorzuge ich natürlich auch selbst die Karibikinsel gegenüber beispielsweise eines Worldcups in Moskau, jedoch die ersten Schlagworte- nach Sonne, Strand und Meer- die man als Racer mit solch einer Destination assoziiert, sind Flugstress, Jetlag, hohe Kosten und vor allem extreme Bedingungen wie Temperaturen um die 35° in Kombination mit einer Luftfeuchtigkeit, bei der du allein schon im Ruhezustand im wahrsten Sinne des Wortes ausrinnst.
Als Urlauber kommt man mit diesem Klima mittels Relaxen am Strand und Blue Curacao Liqueur nippen sicher ganz gut zu recht, nur für mich Rennfahrer, der sich am 1. April ab 13h für zwei Stunden maximal auskotzen muss, ist das weniger lustig!
Somit verbrachte ich die meiste Zeit der letzten Tage damit, mich einerseits im Training optimal vorzubereiten, und auf der anderen Seite speziell damit, zu behirnen, wie ich mich im relativ kalten Österreich bestmöglich auf die Hitzeschlacht einstellen kann bzw. wie/ob ich Vorort diesen Umständen entgegen wirken werden kann.
Aufgrund meiner Verletzungen war ich ohnehin gezwungen auf die Walze (Indoor trainieren am eigenen Rad) zurückzukehren, mit welcher ich diesen Winter überdurchschnittlich viel Bekanntschaft machte- sogar auf den Trainingslagern in Mallorca und an der Cote d´Azur hatte ich sie immer dabei und spulte bei Schlechtwetter konsequent meine Stunden runter.
Gerüchte besagen, dass sich Radfahrer für Atlanta 1996 in der Sauna- Rad fahrend vorbereitet hätten. Ich entschied mich für einen Mittelweg und machte folgendes: Für alle Trainingseinheiten in der letzten Woche- die hauptsächlich intensive wettkampfspezifische Intervalltrainings mit Laktatkontrolle waren- packte ich mich ein als hätte es null Grad Raumtemperatur. Lange Radhose, langes Unterhemd und Trikot sowie eine Haube waren obligatorisch. Sobald ich einen Hitzestau herannahen spürte, drehte ich kurzfristig den Standventilator auf, um wie mit echtem Fahrtwind Abkühlung zu erhalten.
Summa summarum kann ich mit ruhigem Gewissem behaupten, aus dem herben Rückschlag in Zypern das beste gemacht zu haben, und bin froh, im Vergleich zu den meisten anderen Rennfahrern, welche großteils am Sonntag 26. März- meinem Anreisetag nach Curacao- in Europa noch einen Wettkampf bestreiten werden, schon ein paar Akklimatisierungstage mehr haben werde. Und außerdem ist´s ja eh (fast) Urlaub- oder?
Bald gibt´s sonnige News aus Curacao,
euer Michi